"Knockin' on Heavens Door" mit Rainald Grebe (2024)

Konzertkritik | Waldbühne - "Knockin' on Heavens Door" mit Rainald Grebe

So 30.07.23 | 12:49 Uhr | Von Alexander Soyez

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"Knockin' on Heavens Door" mit Rainald Grebe (1)

    Mit zwei Jahren Verspätung feiert Rainald Grebe sein 2021 schon versprochenes nächstes rundes Geburtstagsspektakel und kehrt mir "Halleluja Berlin" in die Walbühne zurück. Alexander Soyez sah ein warmherzig durchgeknalltes Spektakel.

    Dass Rainald Grebe vielleicht nicht mehr lange zu leben haben könnte, dass ihm irgendwann ein nächster Schlaganfall den Verstand und das klare Denken rauben könnte, das weiß fast jeder in der gut zwei Drittel gefüllten Waldbühne. Seit Jahren leidet er an der Autoimmunerkrankung Vaskulitis. Wahrscheinlich war nicht nur Corona schuld, dass er seinen 50sten Geburtstag erst mit zwei Jahren Verspätung mit einer großen Waldbühnen-Show nachfeiert.

    Die Frage, ob er das überhaupt noch durchhalten kann, als singender Zirkusdirektor ein wild zusammengewürfeltes Varieté auf die Bühne zu zaubern, ist selbstironischer Teil des Programms und kurz nach Beginn wird einmal sogar so getan, als müsste man abbrechen, weil Grebe nicht mehr kann. Die Beschäftigung mit dem Tod gehört zur Show dazu - ob mit einem schrägen blankziehenden Stripper in Día-de-Muertos-Bemalung, einer Anubis-Figur auf dem Piano oder damit, dass Grebe sein Publikum zu Winnetou-Klängen aus dem Krankenbett begrüßt.

    Ein Feuerwerk der Eindrücke

    Seine Krankheit ist der Elefant im Raum - und gemeint sind nicht die Leute, die am Rande der Bühne im Dickhäuterkostüm neben einem genauso verkleideten Nashorn herumtänzeln. Galgenhumor ist als genauso Teil des Abends wie das spektakuläre Wimmelbild aus Eindrücken, Auftritten, Verkleidungen und Einlagen - vom Eierlauf in Tracht über den Gesang des Psychiater-Chors Singing Shrinks bis zum Barrenturnen einer Männerriege, von Jagdhornbläsern über René Mariks Puppenspiel bis zum komplett feuerfreien Holzfeuerwerk des Komikers Hans Krüger, Reinald Grebes früherer Lehrer an der Schauspielschule Ernst Busch.

    Mit Krüger und Marik, mit all den anderen Freunden und Partnern, die Grebe an diesem Abend begleiten, ist "Halleluja Berlin" manchmal auch ein nostalgischer Streifzug durch sein Leben vom Puppenspieler-Studenten über die Schauspielerei und Dramaturgie bis zu seinem Durchbruch als musikalischer Kabarettist und dem Erfolg mit seinen lebensweisen Liedern, die mit ihrer Mischung aus kalauernder Poesie und bissigen Pointen bestechen.

    Das bekannteste Exemplar dieser Gattung ist natürlich sein sich ironisch lustig machender Kultsong "Brandenburg", den er sich bis fast zum Ende der vierstündigen Waldbühnenshow aufspart und ihn erstmal in sorbisch vorträgt und aufgefrischt auch noch mit der Textzeile "In Berlin kann man so viel erleben, in Brandenburg soll's mittlerweile Löwen geben".

    "Knockin' on Heavens Door" mit Rainald Grebe (3)

    "I will survive"

    Unterstützt wird sein eigenes musikalisches Programm mit den herrlichen Gesangseinlagen der röhrenden Anna Mateur, die mit "Knockin’ on Heavens Door" den rührendsten Moment des Konzerts bereitet, oder mit dem Auftritt von Rap-Star Alligatoah. Auch wenn am Anfang das Timing dieser großangelegen Nummernrevue vielleicht noch ein bisschen stockt, am Ende fühlt man sich komplett umarmt von diesem bestechenden Mix aus Besinnung, Witz und Musik.

    Es ist ein warmherzig durchgeknalltes Spektakel, ein gut gelauntes Füllhorn aus Eindrücken und ein melancholisches Beisammensein, das Grebe in Jogginghose, Krankenhemd und Morgenrock gekleidet auf die Bühne bringt. Er hätte auch nach vier Stunden definitiv noch weiter gemacht, wenn "der Anwohner-Anwalt nicht um 23 Uhr den Stecker zur Waldbühne ziehen würde". Auch wenn es sich manchmal wirklich wie ein Abschiedskonzert anfühlt, bleibt die Hoffnung, wenn Grebe am Ende "Auf Wiedersehen, ein Wiedersehen, das wäre schön" sagt.

    Sendung: rbb24 Inforadio, 31.07.2023, 6:55 Uhr

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    1. 5.

      Antwort auf [interstellar ] vom 30.07.2023 um 18:03

      Den Song gibt es schon und er ist sogar auf dem selben Album…nennt sich „ICE“

    2. 4.

      Antwort auf [interstellar ] vom 30.07.2023 um 18:03

      wenn Rainald Grebe eines genug geschrieben hat, dann sind es Lieder über die DB und Deutsche Autobahnraststätten ;)

    3. 3.

      Nach "Brandenburg" bitte noch unbedingt den Song " DEUTSCHE BAHN" schreiben!!!

    4. 2.

      Ich war dabei.
      Noch nie habe ich innerhalb von vier Stunden so viel Schrecken erlebt, geweint und herzlich gelacht.

      Die allgegenwärtige Anwesenheit von Krankheit, Tod, Humor, Anarchie, Dadaismus, Komik und Satire war umwefernd.

      Ich bin nachhaltig beeindruckt und wünsche Rainald Grebe noch viel Spaß und Kraft.

    5. 1.

      Danke - es war sehr ergreifend und ganz wunderbar!

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